Dislike

Dislike

27.10.2015

Technische Innovationen verändern die Welt - man denke nur an die Glühbirne! Jetzt ist die Firma Facebook (USA) dabei, eine der größten Innovationen vielleicht dieses Jahrhunderts in die Welt zu setzen: den Dislike-Button.

Das ist revolutionär, denn bisher gab es nur den "Like"-Button. Am 15.9.2015 gab Mark Zuckerberg eine Pressekonferenz in der Facebook-Zentrale in Menlo Park (Calif. USA). Unter anderem sagte er: "Ich denke, Menschen fragen seit vielen Jahren nach einem Dislike-Button, es waren vielleicht Hunderte, die danach gefragt haben [bei dem Q & A]. Und heute ist ein besonderer Tag, weil heute der Tag ist, an dem ich tatsächlich sagen kann, dass wir daran arbeiten".

Wie konnte es dazu kommen?

Wenn man von der Gesamtbevölkerungszahl der Erde die Alten, die Babies, die Berufstätigen (keine Zeit), die Soldaten (keine Zeit), die Politiker (keine Ahnung), die Behinderten und die Menschen ohne Smartphone (zählen eigentlich zu den Behinderten) abzieht, dann erhält man die Anzahl von Menschen, die auf dem Server von Mark Zuckerberg (auf 180.000 Computern) gespeichert sind. Die Verantwortung ist von daher riesig. Immerhin geht es um das Wohl der Menschheit. Und das war schon immer im Fokus von Mark Zuckerberg. Nicht umsonst führte er schon ganz früh den "Like"-Button ein, mit dem man andere Menschen und deren bebilderte Geschichten mögen kann. So sind sich die Facebook-Bewohner allesamt gewogen und mit sich zufrieden.

Doch zunehmend äußert sich Unzufriedenheit in der Gemeinde. Man möchte nicht mehr nur liken (sprich: laiken). Man möchte auch mal kritisch sein und missmutig. Die Facebook-Analysten fanden heraus, dass immer mehr Bewohner negative Bemerkungen schreiben und durchaus nicht alles mögen. Ganz offensichtlich fehlt ihnen ein "Nicht-Mögen"-Button, also ein "Dislike"-Button.

Nun gibt es schon seit einiger Zeit eine Lösung, die Dislike it! App, kostenlos zu beziehen über den Apple iTunes Store, geeignet für Kinder ab 4 Jahren. Damit kann man ganz bequem missliebige Photos mit abfälligen Bemerkungen versehen, und die Gemeinde liest mit. Konsumgüterfirmen haben das "Dislike" auch für sich entdeckt, zum Beispiel Diesel. Sie lassen in ihren Facebookbereichen per Dislike abstimmen über alles Mögliche. Das ist aber lediglich ein Marketing-Gag und verändert die Facebook-Welt nicht.

Hater App

Mehr Potential bietet die Hater App, ebenfalls kostenlos zu beziehen über den Apple iTunes Store, geeignet für Kinder ab 12 Jahren. Im Werbetext findet sich die Ansage: <Now there's an app that allows you to share the things you Hate. Hate on celebrities, politicians, bad service, too much traffic, classmates, or annoying Facebook "friends">. Endlich kann man nun auch ganz bequem hassen.

Überhaupt ist es gar nicht mehr cool, gelikt (sprich: gelaikt) zu werden. Der Dislike-Trend führt schon jetzt dazu, dass die Zahl derjenigen, die dislikt (sprich: dislaikt) werden wollen, stetig ansteigt. Dabei bedienen sich diese Leute einfacher Tricks: hässliche Photos (Matsch-Wrestling), hässliche Aussagen (Ausländer sind alle Verbrecher), hässliche Parties (ohne Frauen) und vielem mehr. Damit zieht man automatisch Hate (Hass) auf sich, erzielt also ganz schnell ein hohes Dislike-Rating und somit hohes Ansehen in der Dislike-Community.

Mark Zuckerberg muss das vorhergesehen haben, denn schon auf der oben erwähnten Pressekonferenz relativierte er die Absicht, den Dislike-Button einzuführen, mit den Worten: "Es hat einige Zeit gebraucht, bis wir an dem Punkt angekommen sind, weil wir nicht einfach einen Dislike-Button bauen wollten. Denn, wisst ihr, wir wollen Facebook nicht einfach verwandeln in etwas, wo die Menschen die Beiträge anderer Menschen als Top oder Flop bewerten können. Das erscheint uns nicht die Art von Gemeinschaft, die wir schaffen wollen." Und weiter: "Was wir inzwischen gelernt haben, ist, dass die Leute keine Möglichkeit suchen, die Beiträge anderer abzuwerten. Was sie wirklich wollen, ist die Möglichkeit, Empathie auszudrücken".

Facebook Emoticons

Und so wurde es dann realisiert in Form von Emoticons (Emotion Icons). Nun gerät niemand mehr in Bedrängnis, der zum Beispiel auf eine Todesnachricht wirklich nicht den Like-Button drücken will. Dazu ist jetzt das HEUL- oder im Extremfall auch das OOaAAARG-Emoticon da (zum Beispiel bei Mord).

Erstaunlich ist, dass auch ein "Liebe ich"-Button da ist. Vermutlich hat Mark Zuckerberg die Vorstellung nicht ausgehalten, dass womöglich ganz viele Facebook-Bewohner den OOaAAARG-Button drücken, und hat deshalb als Gegenpol das "Liebe ich"-Emoticon geschaffen. Das hebt den "Mögen"-Level weiter an in der "Gemeinschaft, die wir schaffen wollen".

Alles gut gemeint. Aber wir haben gelernt, dass es Menschen gibt, die einfach nicht gemocht werden wollen. Und damit das alle mitbekommen, sind sie Mitglied der Facebook-Gemeinde. Jetzt, wo sie den OOaAAARG-Button zur Verfügung haben, sind sie in ihrem Element. Es braucht viele "Liebe ich"s, um dagegen bestehen zu können.