Intelligenz für alle

25.3.2022

Den eigenen Verstand aufpeppen mit künstlicher Intelligenz - das ist erstrebenswert und heute möglich. Doch woher bekommt man die künstliche Intelligenz?

Die aktuelle No-Code-Bewegung stellt die benötigten Programme zur Verfügung. Die Propagandisten sind überzeugt: "No-Code" wird die Welt verändern. Einfach dadurch, dass keiner mehr eine Zeile Computer-Code schreiben muss (das machen andere), um mit Hilfe von Applications (Apps) die kniffligsten Probleme zu lösen.

Ein Problem, das fast jeder hat, sind Fremdlinge im heimischen Bienenstock. Da ist vor allem die Asiatische Mörder Hornisse, die zur tödlichen Gefahr für die Bienen wird, sobald sie in den Bienenstock eindringt. Nun gilt es, festzustellen, ob eine reale Gefahr vorhanden ist, und das mit Hilfe einer Kamera, die bei jeder Bewegung ein Bild schießt. Da der Eingang zum Bienenstock immer stark bevölkert ist, entstehen in kurzer Zeit tausende von Bildern. Für einen Menschen ist es unmöglich, die Flut der Bilder nach Hornissen abzusuchen.

Hier schlägt die Stunde der Künstlichen Intelligenz (KI). Ihre Stärke ist das Lernen. Man muss ihr nur eine gewisse Anzahl von Bilder von Hornissen und Bienen zeigen und sie extrahiert von ganz allein typische Merkmale der lieben Tierchen. Von da an kann das Mustererkennungssystem LOBE die Bildersequenz fortlaufend überprüfen und feststellen, ob sich Hornissen unter die Bienen gemischt haben. Wenn das der Fall ist, können geeignete Fallen aufgestellt werden.

Im Grunde ist das Bienen/Hornissen-Dilemma ein Beispiel für ein Freund/Feind-Schema, das nun per Computer aufgelöst werden kann.

Wenn es nicht um Freund/Feind geht, sondern um Kunden, kann KI helfen, einen Kundenstamm oder auch einen Kreis potentieller Kunden zu charakterisieren. Das AKKIO Machine Learning Program ist in der Lage, aus einer großen Datenbank Vorhersagen zum Kaufverhalten von Kunden abzuleiten. Bezüglich der Strategien zur Kundengewinnung und Kundenbindung tituliert der Hersteller von AKKIO die Möglichkeiten so: "Data In, Future Out" und "The future is already here, it's just not evenly distributed".

Das große Thema der KI-gestützten Anwendungen ist die Kundenberatung. Kunden rufen an, weil sie ein Problem mit dem gerade gekauften Produkt haben, oder weil ein Gerät nicht mehr funktioniert. Andere wollen eine Urlaubsreise buchen, wissen aber noch nicht genau, wohin sie wollen. Die Anfragen an eine Firma können sehr unterschiedlich sein. Erwartet wird vom Kunden eine kompetente Reaktion der Firma. Diese kann auf zwei Arten erfolgen: A) durch einen Menschen, B) durch einen Roboter.

A) Wenn der Kunde eine mündliche Beratung haben will und im Callcenter anruft, wird ihm im Wechselgespräch von einem Mitarbeiter des Callcenters geholfen. Da der Mitarbeiter nicht mit dem Produkt oder dem Sachthema vertraut ist, bedient er sich einer Datenbank und benutzt vorgefertigte Texte. Diese Texte werden in Echtzeit von einem Roboter (Computer) geliefert. Dahinter steht ein neurales KI-Netzwerk, das mit jeder Kundenberatung schlauer wird, indem es die Fragen-Antworten-Kombinationen in seine Wissensbasis einfügt.

B) Wenn der Kunde die Unterhaltung mit einem Chatbot wählt, arbeitet er bei seiner Anfrage auf rein textlicher Basis. Das heißt, er schreibt seine Frage in ein Textfeld und kurze Zeit später antwortet der Chatbot in einer nachfolgenden Zeile. Im Grunde ist der Ablauf genau wie im Fall A), nur dass der Text des Chatbots nicht von einem Menschen gesprochen wird.

Ein Chatbot ist ein quatschender (chatting) Roboter (robot), also ein "intelligentes" Computerprogramm auf KI-Basis. Oftmals wird die Chatbottin visualisiert durch eine junge diverse Frau.

Jeder kann ein Chatbot-System bauen. dafür gibt es Baukästen wie zum Beispiel Juji. Es wird ein konfigurierbares graphisches Interface zur Verfügung gestellt. Der Chatbot wird eingerichtet und das System übernimmt die Ablaufkontrolle. Die Hauptarbeit des Anwenders ist die Beschreibung der Zielgruppe, die zu bearbeiten ist. Dazu wird eine repräsentative Person in vielen Details beschrieben. Angefangen beim durchschnittlichen Alter über Schulbildung, berufliche Tätigkeiten, Hobbies, Ernährungsgewohnheiten, sportliche Aktivitäten, Musikgeschmack, Kommunikationsarten bis hin zu familiären Beziehungen und dem Freundeskreis wird alles minutiös erfasst und in eine Schachtel gesteckt. Diese Schachtel ist eine UX Persona.

UX (User Experience) Persona [*] sind Repräsentationen von Zielgruppen, die dem KI-gestützten Beratungssystem zur Verfügung gestellt werden. Sobald die Zugehörigkeit eines Kunden zu einer bestimmten Persona identifiziert ist, kann die Ansprache sehr genau auf die Situation und die Wünsche des Kunden ausgerichtet werden. Weil Personas auch ganz persönliche Eigenschaften beinhalten, die nicht unbedingt Thema der Beratung sind, kann der Chatbot auch empathisch und damit sympathisch sein. Die Vorteile der KI-gestützten Interaktion mit Kunden sind immens. Eine schnelle zufriedenstellende Beratung führt fast immer zur Stärkung der Kundenbindung.

Auch im Kleinen hilft die künstliche Intelligenz den Menschen. Steve Saling leidet unter der degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems (A.L.S.). Er arbeitet mit der Teachable Machine von Google, einem Computer-Vision Programm, das dem Mustererkennungssystem LOBE ähnlich ist. Steve nutzt das Programm, um elektrische Schalter im Haus an- und auszumachen mit Hilfe seiner Gesichtsmimik, d.h. verschiedener Gesichtsausdrücke. Dazu führt er dem System verschiedene mimische Zustände vor und verbindet diese mit bestimmten Stellaktionen. Eine hundertprozentige Zuverlässigkeit hat er noch nicht erreicht und meint, dass es noch dauernd wird, bis Programme dieser Art wirklich sicher benutzt werden können.

Microsoft bietet mit der Power Platform ein Bündel von Programmen, das Excel, Visualisierung, Publishing, Work Flow und andere bis zu diversen Datenbankformaten enthält. Wenn darunter zwar keine KI-Anwendungen sind, gilt der Baukasten dennoch als No-Code-Applikation. So können zum Beispiel Datenbankabfragen sehr einfach umgangssprachlich formuliert werden ("Gib mir den Umsatz mit Kunden unter 20 Jahren in den letzten beiden Jahren").

Künstliche Intelligenz liebt den Menschen. Je mehr von ihnen, desto mehr. Eine riesige Datenbasis (Big Data) hat sie zum Fressen gern. Je mehr der Mensch von sich verrät, desto mehr bekommt er zurück. Die Zeit ist gekommen, vertrauensvoll mit all diesen schlauen Tools (Werkzeugen) zusammen zu arbeiten.


Quellen:

https://www.nytimes.com/2022/03/15/technology/ai-no-code.html
https://www.akkio.com
https://www.lobe.ai
https://www.nytimes.com/2020/05/02/us/asian-giant-hornet-washington.html
https://www.nytimes.com/2022/03/03/technology/ai-chatbot.html?action=click&module=RelatedLinks&pgtype=Article
https://juji.io
https://xd.adobe.com/ideas/process/user-research/putting-personas-to-work-in-ux-design/
[*] Persona: https://www.youtube.com/watch?v=B23iWg0koi8
https://powerplatform.microsoft.com/en-us/
https://teachablemachine.withgoogle.com

Hinweis:
Eine Auswahl von Artikeln, die sich mit maschineller Intelligenz befassen:
Mensch 5.0, Intelligenzija (neu), 5G, Intelligenztest, AlphaGo, Die Simulation, Human Enhancement, Der Computer macht das, Was die Zukunft bringt, Der Roboter ist schuld, God-Bots, iRobo.

Definitionen:
er = sie oder er
ihm = ihr oder ihm
jeder = jede oder jeder
jedermann = jedefrau oder jedermann
Kunde = Kundin oder Kunde
Chatbot = Chatbottin oder Chatbot
Anwender = Anwenderin oder Anwender