Schön

Nicht schön

9.11.2013

Ein kürzlich erschienener Artikel* hat mir Hoffnung verschafft. Darin geht es um die Verbesserung der eigenen Schönheit (sofern ansatzweise vorhanden) durch Mitmenschen.

Eine psychologische Studie hat ergeben, dass Einzelne attraktiver wirken, wenn sie Teil einer Gruppe sind. Dieses erstaunliche Ergebnis soll dadurch zustande kommen, dass das Gehirn beim Anblick einer Menschengruppe ein "Gruppengesicht" bildet. Darin sind die typischsten Gesichtszüge der Gruppe zu einem Durchschnittsgesicht zusammengefügt. Jedes Gesicht dieser Gruppe wird somit "durchschnittlich", was Vorteile mit sich bringt, denn eine alte Regel besagt: "Alle schönen Menschen sind einander ähnlich, jeder hässliche aber ist hässlich auf seine Weise".

Eine Schlussfolgerung der Studie ist die, dass eigene Unzulänglichkeiten am besten im Vergleich mit assoziierten Auffälligkeiten andere Menschen kompensiert werden. Die eigene Hakennase wirkt kleiner als sonst, wenn sie von anderen Großnasen umgeben ist.

Nun kann man sich passende Nasen nicht immer aussuchen. Die Menschengruppen, in denen man sich bewegt, sind meist ganz zufällig zusammengesetzt, was der Aufwertung der eigenen Schönheit eher schadet als dient.

Einem unfreiwilligen Gruppenvergleich ist man in der Schlange - mit Vordermann und Hintermann bzw. Vorderfrau und Hinterfrau, oder auch gemischt - ausgesetzt. Ein Schlangenbetrachter kann von der Seite her aus bis zu zwanzig Gesichtsprofilen ein Durchschnittsprofil erstellen, unbewusst natürlich, was jedem einzelnen Schlangenmitglied zugute kommt, denn der Durchschnitt ist quasi die Restauration des menschlichen Gesichts, in diesem Fall des Profils, und damit einfach schöner.

Vor diesem Gesamthintergrund verwundert es nicht, dass sich Tausende von Menschen in Fussballstadien zusammenfinden, um zu verschmelzen. Aus der Ferne betrachtet ergibt das das Einheitsgesicht mit offenem Mund und aggressiver Emotionalität. In der Nahaufnahme zeigen sich jedoch Unterschiede. Um den Zuschauer mit unschönen Details nicht zu überfordern, richten sich die Kameras dann eher auf Kinder oder besonders attraktive Frauen, die vorher schon ausgesucht worden waren.

Besonderes Mitleid gilt Mona Lisa, die seit über hundert Jahren alleine im Louvre herumhängt ohne jemals eine Chance auf ein Durchschnittsgesicht zu bekommen und dadurch die wahre ihr zustehende Schönheit zu erreichen.

Ich selbst habe das Ziel, attraktiver und schöner zu werden, aufgegeben. Dennoch habe ich auf Schritt und Tritt im Sinn: Der Mensch sollte nicht alleine sein.


*Bezug: Fanny Jimenez "Der Cheerleader-Effekt", DIE WELT, 30.10.2013