Ein Weihnachtsmärchen

24.12.2020

In diesen Zeiten wird wie jedes Jahr das Weihnachtsfest begangen, ein Fest der Freude und der Verwunderung. So wie die Jahreszeiten jedes Jahr zurückkehren, wiederholt sich Weihnachten in jährlicher Wiederkehr. Die meisten Menschen haben schon in der Schule erfahren, worauf die Festlichkeit am Ende des Jahres zurückzuführen ist. Das hat mit einem erstaunlichen Fund im Ort Bethlehem zu tun.

Photographie aus dem Jahre 0

Es ist schon eine Weile her, da wurde auf einer Anhöhe über Bethlehem in der Scheune eines kleinen Bauernhofs ein Photo gefunden. Man war sich schnell einig, was darauf zu sehen ist. Es ist der Sohn Gottes, in einer Krippe liegend, rechts die unbefleckte Mutter Maria, links ein Bekannter, Josef. Klar war den Gelehrten in diesem Moment der Offenbarung, dass Gottes Sohn nur deshalb auf die Erde gekommen war, um die Menschheit zu retten. Datiert wurde dieses Ereignis auf das Jahr 0 vor und nach Christi Geburt. Zum Dank sollte in Zukunft an jedem 24. Dezember an jenen Tag erinnert werden, an dem der Großmut Gottes (Entsendung seines Sohnes) durch ein Bildnis offenkundig geworden war.

Zunächst fanden die Feierlichkeiten im kleinen Kreis statt, wobei damals schon das Fest auf drei Tage ausgedehnt wurde, vom 24. bis zum 26. Dezember. Diese Zeitspanne wurde fortan als "Weihnachten" im Kalender eingetragen. Im Lauf der Jahre fanden sich immer mehr Anhänger der Idee, am Jahresende ein größeres Fest zu feiern. Das Geheimnis der gut 2000 Jahre alten Photographie (dem "Beweis") trug zur Feierlichkeit bei. Die Festtage wurden immer populärer, bis sie schließlich ganze Nationen erfassten. Weihnachten war zu nationalen Feiertagen geworden.

Dazu trugen nicht zuletzt die Regierungen bei. Unabhängig von der Staatsform sind Regierungen immer bestrebt, das Volk glücklich zu machen. Und dazu eignen sich Festtage allerbestens. Die Volksvertreter hielten die Industrie an, spezielle Weihnachtslieder zu erschaffen und in Verkehr zu bringen. Die Rundfunkanstalten sorgten von nun an dafür, dass die Lieder, speziell "Coming Home for Christmas" unaufhörlich im Radio gespielt wurden, und zwar schon lange vor Weihnachten. Eine Weihnachtsgeschenkeindustrie wurde geschaffen. Von nun an gab es für den Akt des Beschenkens eine unübersehbare Fülle von Produkten für alle Bedürfnisse im essbaren, trinkbaren, fühlbaren, hörbaren, und sichtbaren Bereich. Die Dekorationsindustrie setzte alles daran, den Weihnachtskunden allerbeste Ware zum Verschönern des Heims und zur Ausstrahlung nach außen anzubieten. Selbst die Kirchen zogen mit und boten Weihnachtsgottesdienste an. Nicht untätig war die Krippenindustrie. Sie bot ganz besondere Krippensets für Bastler an, inklusive Moos und einiger Schafe und Esel.

Die Entwicklung zum globalen Superweihnachten fand jedoch ein jähes Ende, als sich einige Querdenker mit einer bestürzenden Nachricht zu Wort meldeten. Ricky Bingham, Engländer, Lehrer an der Volkshochschule in Gera, ließ die Bombe platzen. Im Interview mit der Ostthüringer Zeitung (OTZ) erklärte er wortwörtlich: "Wir haben das Weihnachts-Beweisphoto untersucht, und zwar mit dem Transmissions-Elektronen-Mikroskop. Damit kann man jedes einzelne Atom sehen. Weitere Untersuchungen, zum Beispiel mit dem Fluoreszenz-Synchrotron, zeigten in der Gesamtheit aller Ergebnisse, dass das berühmteste Photo der Welt eine Fälschung ist".

Kaum war das Interview in der Welt, brach ein globaler Entrüstungssturm aus. Sehr viele Menschen fühlten sich massiv getäuscht. Schnell bildeten sich Gruppen, die den Regierenden vorsätzliche Täuschung vorwarfen, weil diese ganz offensichtlich ein Weihnachtsfest manifestiert hatten, das es so gar nicht geben konnte - mangels Beweislage. Woran soll ich denn noch glauben, fragten sich verzweifelte, ehemalige Weihnachts-Anhänger. Wenn es am Ende des Jahres keine Festtage mehr geben sollte, ist doch das ganze Leben sinnlos, deklamierte Frontfrau Jessica Hartmann aus Zwickau bei einer der ersten Demonstrationen.

Anti-Weihnachts-Demonstration

Die Wut breitete sich im Netz aus. Jedem wurde nun klar, dass man es mit einer Verschwörung der Regierenden zu tun hatte. Dagegen musste man unbedingt angehen. In allen größeren Städten starteten Demonstrationszüge. Die Medien berichteten hautnah mit brisanten Bildern von teilweise gewaltsamen Szenen auf der Straße. Die Kommentare zentrierten sich zunehmend auf die Kernaussage der Demonstrierenden: "Wenn es keine Weihnachten gibt, wollen wir auch keine Weihnachten!". Die Proteste gingen immer weiter, begünstigt durch das hochansteckende Protestvirus, das die ungeschützten Demonstranten befiel. In ihrer Not organisierten die Regierenden Gegendemonstrationen, um klar zu machen, dass eine Verschwörung zur Abschaffung von Weihnachten im Gange sei. Hier kam es zu Straßenschlachten. Als die Städte in Flammen standen, zog die Regierung die Notbremse:

Weihnachten wurde per Verordnung abgeschafft.

Nachdem inzwischen jedem klar war, dass die Behauptung, der Sohn Gottes sei auf die Erde abgestiegen, um die Menschheit zu retten, ganz einfach falsch war, denn das angebliche Beweisphoto war gefälscht, breitete sich allgemeine Erleichterung aus, dass nun die Regierenden enttarnt waren. Und man hatte gekämpft dafür! Nach diesem Erfolg nahm man gerne in Kauf, dass es nun eben keine Weihnachten mehr gab und nie mehr geben würde (mangels Beweislage). Vielen wurde erst jetzt klar, was sie alles durchgemacht hatten in den letzten Jahren, nein, Jahrzehnten (nein, Jahrhunderten). Schon die Mühe, die diversen Lichterketten aufzuhängen, jedes Jahr aufs Neue, war vergebens gewesen und nun obsolet. Gott sei Dank! Die Verschwörungstheorie hatte sich als richtig herausgestellt. Die Regierung trat nicht zurück.

Was jedoch bleibt, ist das Märchen von Weihnachten, in den Herzen der Menschen für alle Zeit.

Quellen:

https://www.bild.de/ratgeber/2019/ratgeber/jesus-maria-und-josef-bild-erklaert-die-weihnachtskrippe-66733730.bild.html
http://www.p-domain.de/ratgeber-kunst/emma-dobigny.html