Mathematik

6.12.2013

Mathematik ist bekanntlich dazu da, die Zukunft vorhersagen zu können. Das gilt für technische Prozesse genauso wie für menschliche Bedürfnisse. Denn wer möchte nicht wissen, wieviel Zeit ihm nach dem Absprung bleibt.

In den letzten Sekunden des Lebens lässt man sein Leben Revue passieren. Es empfiehlt sich also für den Selbstmörder, diese Zeit vorher auszurechnen. Nun empfinden viele die Mathematk als lästig, unverständlich, überflüssig. Deshalb bieten wir hier Hilfe an.

62 Sekunden Lust

Nehmen wir an, Sie wählen ein zehnstöckiges Hochhaus für Ihren Abgang. Nehmen wir weiter an, dass die Höhe 40 Meter beträgt. Mit Hilfe grundlegender kinematischer Formeln lässt sich ausrechnen, dass die gesamte Fallzeit 2,86 Sekunden beträgt. Beim Touch-Down beträgt die Geschwindigkeit 101km/h. Wir haben es also mit einer formel1verdächtigen Beschleunigung zu tun.

Ein 27-jähriger Selbstmörder hat somit nur 2,86 Sekunden für sein Lebenrevuepassierenlassen. Das sind pro Lebensjahr 106 Millisekunden. Anstatt sich zu verzetteln, ist Konzentration auf nur ein bestimmtes Jahr angesagt, um die Zeit optimal zu nutzen.

Besser hat es der Fallschirmspringer. Bei einer Absprunghöhe von 4500 Metern und einer Auslösehöhe von 1200 Metern legt er 3300 Meter im freien Fall zurück. Nach einem Weg von 157 Metern und 5,66 Sekunden Fallzeit erreicht er seine Endgeschwindigkeit von 200km/h, die durch die ausgestreckte Körperhaltung danach erhalten bleibt. Die restlichen 3143 Meter werden in 56,6 Sekunden zurückgelegt.

Insgesamt dauert der freie Fall 62,3 Sekunden. Im Alter von 27 Jahren stehen für die Revue 2,3 Sekunden pro Lebensjahr zur Verfügung. Tatsächlich ist es mehr, denn Fallschirmspringen löst eine Hyperaktivität des Gehirns mit einer subjektiven Zeitdehnung bis zur Verdoppelung, d.h. 4,6 subjektive Sekunden pro Jahr aus. Allerdings denkt ein Springer gar nicht daran, sich mit einer Revue zu beschäftigen. Vielmehr genießt er das Schweben hoch über der Erde und behält seine Mitspringer im Auge.

Auf der Erde laufen die Denkprozesse langsamer. Die meisten Leute kommen ins Grübeln, wenn sie am Obststand den Preis für zwei Kilo Äpfel (1,50 Euro) sehen, aber fünf Kilo (? Euro) kaufen wollen und den Preis dafür partout nicht ausrechnen können. Die mathematische Ausbildung scheitert eben schon in der Schule am Dreisatz! Da hilft nur fragen. Der Obsthändler gehört berufsmäßig zu den Leuten, die den Dreisatz perfekt beherrschen.

Mathematik hat oftmals eine mystische Facette. Die Steuerprogression zum Beispiel gehört zu den Lebenswirklichkeiten, die selbst Politiker nicht verstehen. Wer mehr verdient soll auch mehr Steuern bezahlen! Doch dazu braucht man keine Steuerprogression. Ein einfacher Steuerprozentsatz genügt, um von den Reichen mehr als von anderen zu kassieren.

Lotto! Das Paradebeispiel für berechenbare Gewinnchancen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die sechs Zahlen, die Sie hoffnungsvoll angekreuzt haben (aus 49) tatsächlich gezogen werden, ist eins zu vierzehn Millionen. Das bedeutet so etwa, dass jeder 14millionste Lottoteilnehmer gewinnt, nur Sie nicht.

Es wurden eben die Teilnehmer der bemannten Marsexpedition ausgewählt. Es handelt sich um eine Reise ohne Wiederkehr. Eine kleine Gruppe von Männern und Frauen wird eine Marskolonie gründen und in dieser leben, ohne die Erde wiederzusehen. Der Flug von der Erde zum Planeten Mars dauert rund acht Monate, genug Zeit, sich zu überlegen, ob das wirklich eine gute Entscheidung war. Ohne die mathematisch genaue Kalkulation von Kurs und Antriebsleistung würde das Raumschiff den Mars wahrscheinlich verfehlen, das heißt gar nicht erreichen, was schade wäre.

Vielleicht wollen Sie jetzt in alten Schuhkartons kramen, um Ihr Mathematik-Schulbuch hervorzuholen und die wichtigsten Formeln zur Bewältigung des Alltags zu rekapitulieren. Oder Sie lassen sich von Ihrer mathematikbegabten Tochter refreshen.

Es ist nie zu spät! Oh doch, irgendwann ist es zu spät, also fangen Sie an.