Aquila

19.8.2015

Die Firma Facebook ist dabei, Laser-Firing Drones, also Kampfdrohnen zu entwickeln.

Nein, nein. So schlimm ist es nicht. Facebook will keinen Krieg führen, außer natürlich gegen die Konkurrenz. Bevor wir zum üblichen Urteil kommen, die Amerikaner seien schlecht, wollen wir erst einmal nachsehen, was da wirklich los ist.

Beseelt vom Wunsch, das Internet auch in den entlegensten Regionen der Welt verfügbar zu machen, arbeiten die Firmen Google und Facebook an Fluggeräten mit der Fähigkeit zur Internetkommunikation mit Gateway-Computern am Boden. Google setzt auf Stratosphärenballons (Projekt Loon) und Facebook auf solarbetriebene Flugzeuge (Projekt Aquila).

Die Facebook-Flugzeuge werden sich jeweils drei Monate lang in einer Höhe zwischen 18km (nachts, Energiesparhöhe) und 28km (tags) in Kreisen mit rund drei Kilometern Durchmesser bewegen. Von dort oben stehen sie in Verbindung mit stationären Lasertransmittern am Boden. Die Daten-Übertragungsrate soll mehr als 10Gbit/sec betragen.

Mit dieser Technologie sollen Gebiete erschlossen werden, die weder über Kabel noch Satellitenverbindungen verfügen. Diese weißen Flecken sind zwar bekannt, aber keiner weiß genau, wieviele Menschen dort leben und wie sie organisiert sind. Deshalb studiert Facebook solche Gebiete anhand von Satellitenphotos. Diese liefern sehr genaue Detailaufnahmen von Menschen und deren Umgebung. Es gibt keine Firma, die Menschen so gut auswerten kann wie Facebook - Gesichtsausdruck (glücklich? nicht glücklich?), Bekleidung (hip, konventionell), Bewegungsmuster (aktiv, aggressiv, verhalten), Essgewohnheiten (exotisch, elementar), Beziehungen (familiär, singulär, heterogen) - und damit die Bevölkerung in entlegensten Regionen bestens typisieren kann. Neben sozialen Parametern ist auch der ökonomische Status wichtig. Verkehrsverbindungen und -frequenzen (oft auf Dschungelpfaden) sowie Märkte und Handel liefern bei genauer Betrachtung aller Monitoringdaten relevante Hinweise zur Kaufkraft - nicht unerheblich für das ROI (Return on Investment).

Wenn eine dieser Regionen als Ziel identifiziert wurde, erfolgt die Platzierung der Facebook-Drohne 28 Kilometer darüber. Von diesem Moment an stehen die Ureinwohner mit der Welt in Verbindung.

Jaimia (links) hat schon 257 Likes

Eines der Ziele ist die Insel Tapiwa (auf Karte zeigen) im riesigen Gebiet Mikronesiens, das aus über zweitausend Eilanden und Atollen auf sieben Millionen Quadratkilometern im Pazifik besteht. Auf Tapiwa leben einige Fischer unter einfachsten Bedingungen und ernähren sich vom Fischfang (Spezialität Haifischflossen). Natürlich leben dort auch Kinder, die bisher keinen Kontakt zum Internet haben konnten.

Das ist nun anders. Die 8-jährige Jaimia ist eine der ersten, die einen Nintendo-3DS-Computer erhalten hat. Jetzt kann sie spielen, photographieren in 3D (zwei integrierte "Außen"-Kameras), Augmented Reality spielen (Szenen in 3D ansehen mit Hilfe der AR-Karten), sich selbst zum Mii-Charakter machen (siehe Bild), und einiges mehr. Das Besondere an ihrem Computer ist der Zusatz "Facebook". Jaimia kann also zusätzlich zur Verteilung ihrer Bilder im Internet auch das Facebook-Portal nutzen, um den Kontakt zu ihren Freundinnen in ganz Mikronesien zu pflegen.

mii-Charakter

Frühmorgens fährt sie zur See mit ihrem Vater. Meist ist es ruhig, doch ab und zu ist es stürmisch und die Wellen schlagen über das Auslegerkanu. Jaimia liebt es, auf dem Ausleger zu sitzen, wenn das Boot mit hoher Geschwindigkeit über den Pazifik saust. Und seit Neuem hat sie immer ihren Computer dabei und schießt eine Menge Bilder. Die Funktion <instant upload> sorgt dafür, dass alle Bilder sofort auf ihrer Facebookseite erscheinen. Geradezu frenetisch beliebt sind ihre Haifischbilder, besonders wenn der Hai angreift und sie das Maul mit den vielen Zähnen direkt frontal schießt.

Während viele ihrer Gleichaltrigen den kleinen Terrier der Großeltern spazierenführen jagt Jaimia in wildem Ritt über das Meer und verfolgt den Hai.

Indem Mark Zuckerberg die letzten weißen Flecken mit seiner Aquila Internetdrohne erschlossen hat, erfüllt sich sein uralter Traum: alle Menschen kennenzulernen, und ganz speziell Jaimia.

Quelle: Facebook

Nachtrag 11.8.2018

Die Firma Facebook hat bekannt gegeben, dass sie die Aquila Internet Drohne nicht weiter bauen wird. Das Projekt sei beendet. Der Grund ist die zunehmende Konkurrenz bei Hochleistungsdrohnen, zum Beispiel von Airbus. “Given these developments, we’ve decided not to design or build our own aircraft any longer,” sagte Yael Maguire, Director of Engineering bei Facebook.

Die Firma Airbus hat soeben den Weltrekord ihres Solarflugzeuges Zephyr S bekanntgegeben. Es ist 26 Tage in der Luft gewesen, und zwar in einer Höhe von 21 Kilometern. Damit wurde der bestehende Weltrekord des Zephyr Prototypen vom Jahr 2014 mit damals 14 Tagen weit überboten. Genutzt werden soll Zephyr zur Herstellung von Internetverbindungen in entlegenen Gebieten - wie "seinerzeit" die Aquila Drohne. Außerdem zur Detektion von Waldbränden und Ölverseuchungen, aber auch zur Grenzsicherung.

Die britische Firma QinetiQ entwicklte die Zephyr-Reihe. Im Jahr 2005 wurde in ersten Tests eine Flugzeit von 6 Stunden erreicht. Im Jahr 2013 wurde QinetiQ von Airbus übernommen. Entwicklung und Produktion findet weiterhin in Farnborough, England statt. Das Nachfolgemodell Zephyr T wird eine Flügelspannweite von 33 Metern haben.

Quellen:
https://www.nytimes.com/2018/06/27/technology/facebook-drone-internet.html?rref=collection%2Fsectioncollection%2Ftechnology&action=click&contentCollection=technology&region=stream&module=stream_unit&version=latest&contentPlacement=7&pgtype=sectionfront
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Airbus-Solarflugzeug-stellt-Weltrekord-auf-26-Tage-in-der-Luft-4131665.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Airbus_Zephyr

Zephyr, Quelle: Airbus

Nachtrag 12.8.2020:

Alphabet Loon Ballons werden seit Juli 2020 zum ersten Mal kommerziell eingesetzt, und zwar in Kenia. Die Telekommunikationsballons liefern aus 18 Kilometern Höhe 4G LTE Netzwerkverbindungen, unter anderem ins Internet. Die Ballons sind aus Polyethylen-Material und haben etwa die Größe eines Tennisplatzes. Sie bleiben mindestens 100 Tage in der Stratosphäre, bevor sie auf den Erdboden heruntergeholt werden.

Abgedeckt sind Zentral- und West-Kenia, einschließlich Nairobi. Genutzt werden die fliegenden Relais-Stationen von Telkom Kenya. Wenngleich schon 39 der insgesamt 48 Millionen Kenianer Internetverbindungen haben über Sendemasten und Kabel, ist das Loon-Projekt wegen der Technologie-Freundlichkeit der Kenianer dort am richtigen Ort. Alastair Westgarth, Chef von Loon, sagt dazu: "Kenya is an ideal place for us to begin this new era of stratospheric communications".

Die Firma Loon hofft auf weitere Verträge in Afrika, wo nur 28% der 1,3 Milliarden großen Bevölkerung Zugang zum Internet haben. Bisher hatten die Loon-Ballons Notfall-Einsätze in Katastrophenfällen wie Hurrikan Maria in Puerto Rico (Sept. 2017), und dem Erdbeben in Peru (Mai 2019) mit Stärke 8. Bei beiden Katastrophen waren die Kommunikationskanäle zusammengebrochen und die Loon Ballons leisteten erste Hilfe .

Quelle:

https://www.nytimes.com/2020/07/07/world/africa/google-loon-balloon-kenya.html

Nachtrag 27.1.2021:

Das Loon-Projekt ist beendet. Die Google-Firma Alphabet hat seine Tochterfirma Loon aufgelöst. Begründung: nicht profitabel. Die Konkurrenz ist inzwischen zu groß. Unter anderem sind es die in großer Zahl von Elon Musks Firma SpaceX platzierten Satelliten in der Erdumlaufbahn.

Das Loon-Projekt begann im Jahr 2011, mit dem ersten öffentlichen Test in 2013. Fünf Jahre später wurde Loon zur eigenständigen Firma. Im vorigen Jahr begann Loon eine Zusammenarbeit mit Telkom Kenya, um ein 4G-Netzwerk über Zentral- und West-Kenia aufzubauen. Das Unternehmen häufte jedoch so viele Verluste an, dass Alphabet die Unternehmungen von Loon beendet und die Firma aufgelöst hat.

SpaceX Satellitenstart