Wing Suit Flying

21.6.2015

Wenn der Mensch es schon nicht schafft, mit eigener Kraft vom Boden abzuheben, so versucht er das Fliegen wenigstens beim Sprung von einem hohen Punkt. Fliegen ist dabei als Gleiten definiert. Eine Gleitzahl von 1:3 bedeutet zum Beispiel, dass der Springer auf einem Meter Sinkflug drei Meter Horizontalflug absolviert.

Schon früh versuchten Fallschirmspringer, nicht einfach wie ein Stein zu Boden zu fallen, sondern mit Hilfe von Stoffbahnen zwischen Armen und Körper und zwischen den Beinen zu gleiten und so beträchtliche Strecken über Land zurückzulegen. Um die Jahrtausendwende etablierte sich der "Wing Suit" (Flügelanzug). Ende 1997 sprang damit ein Mensch (De Gayardon) zum ersten Mal von einem Berg in die Tiefe und startete damit das "Base Jumping".

Besonders riskant ist das "Proximity Flying". Dabei fliegt der Springer nahe an oder durch Felsformationen hindurch, bei einer Abwärtsgeschwindigkeit von rund 50 km/h und einer Vorwärtsgeschwindigkeit von gut 130km/h. Diese Art des Base Jumping erfordert ungeheure Konzentration und enormes Reaktionsvermögen. Ein winziger Steuerungsfehler führt zum Aufprall an einem Felsvorsprung oder der Flanke einer Felsspalte.

Geeignete Absprungstellen befinden sich im Yosemite Nationalpark in Kalifornien. Dort ist es der Taft Point Felsen, der Wing Suit Flyer magisch anzieht. Mit einer Höhe von tausend Metern über Grund und einer fast senkrechten Wand bietet er das optimale Flugerlebnis. Vorspringende Felsspalten ermöglichen das Durchfliegen und Tunneln unter schwierigsten Bedingungen. Base Jumping ist im Yosemite Park verboten, was dazu führt, dass die Springer meist sehr früh am Morgen oder spät am Abend in Aktion treten, um von Park Rangern nicht entdeckt zu werden. Bei dann schlechter Beleuchtung ist das Springen noch riskanter.

Der erste aufgezeichnete Versuch, ein Vogelmensch zu sein, erfolgte durch Franz Reichelt im Jahre 1912 mit einem Sprung vom Eiffelturm. Der Aufschlag auf dem Boden riss ein großes Loch auf. Weitere Pioniere folgten mit Höhen- und Weitenrekorden, aber auch mit unzähligen Todesfällen im Laufe der Jahrzehnte. Eine Studie ergab im Jahr 2012, dass im Durchschnitt aus 500 Sprüngen mindestens einer mit einer schweren Verletzung endet. Nicht selten schlägt der Springer während des Falls auf einen Gegenstand, zum Beispiel das Geländer einer Aussichtsterrasse, die er überfliegt.

Den Rekord für den längsten Wing Suit Flug hält Dean Potter, der am 2.11.2011 vom Eiger in der Schweiz sprang und in 3 Minuten und 20 Sekunden eine Strecke von 7,5 Kilometern überwand und dabei 2.800 Meter fiel.

Der ultimative Ratgeber rät davon ab, diesen Sport auszuüben. Er ist nicht nur gefährlich, sondern für den Durchschnittsmenschen, womöglich mit Höhenangst, absolut tödlich.

Mehr zu Dean Potter in der Meldung Base Jump.