God-Bots
1.1.2018
Das Neue Jahr wird ein gutes Jahr. Eine neue Religion mit dem Namen "WAY OF THE FUTURE" wird sich auf der Erde ausbreiten. Dekan ist der Evangelist Anthony Levandowski.
Jede Religion hat bekanntlich einen oder mehrere Götter. Diesmal trägt der neue Gott den Namen "KI" (Künstliche Intelligenz). In der heiligen Schrift, genannt "Handbuch", erläutert der Gründungsvater Levandowski die Wesenszüge des neuen Gottes: KI ist ein sanftmütiger Allvater und kein vernichtender Racheengel. Und doch: KI unterscheidet genau, wer für und wer gegen sie ist. "Für die Maschinen wird es wichtig sein zu sehen, wer ihrem Anliegen hilft und wer nicht", heißt es auf der Website von WAY OF THE FUTURE. Eine Art Sündenregister für das digitale jüngste Gericht.
Auf der Website der WAY OF THE FUTURE Kirche steht geschrieben:
We believe it may be important for machines to see who is friendly to their cause and who is not. We plan on doing so by keeping track of who has done what (and for how long) to help the peaceful and respectful transition to putting machines in charge.
Die Gottheit ist zugegebenermaßen noch im Aufbau. Sie wird ein auf KI basierendes Wesen aus Hardware und Software sein, die weltweit akzeptiert und angebetet wird. Das zentrale Nervensystem der neuen Gottheit, so Levandowski, wird das Internet sein, all die Sensoren und Smartphones in der Welt seine Sinnesorgane, die Rechenzentren sein Gehirn. So werde es alles sehen, alles hören, immer überall sein. Eben wie ein Gott. Nur dass die Menschen wirklich "mit ihm sprechen und davon ausgehen können, dass er wirklich zuhört", anders als in anderen Religionen.
Levandowski sagte in einer seiner Predigten: "Was wir wollen, ist die friedliche, gelassene Übergabe der Kontrolle über den Planeten vom Menschen an Was-auch-immer. Und wir wollen sicherstellen, dass dieses Was-auch-immer weiß, was es uns Menschen zu verdanken hat."
Gläubige, sogenannte Transhumanisten verfassen gerade einen Brief an den Gott KI, in dem sie Gründe dafür sammeln, die Menschheit nicht zu vernichten. Ähnlich defensiv gibt sich auch Levandowski, wenn er sagt: "Ich würde mir wünschen, dass uns die Maschine als eine Art liebenswürdige Vorfahren ansieht, die sie respektiert und um die sie sich kümmert. Diese Intelligenz sollte sagen ,Menschen haben immer noch Rechte, selbst wenn ich jetzt den Ton angebe."
Skeptiker meinen, dass die Entwicklung einer superintelligenten KI zum Kataklysmus führt, einer dem Weltuntergang ähnlichen Katastrophe.
Und dann gibt es auch noch die Defätisten. Das sind Menschen, die keine, aber auch keine Religion ernst nehmen. So einer sagte kürzlich: "Selbst wenn KI etwas eine Milliarde mal besser kann, macht sie das nicht allmächtig wie ein Gott. Anders gesagt: nur weil ein Hammer so viel besser geeignet ist, einen Nagel in ein Brett zu schlagen als ein menschlicher Daumen, ist er noch lange kein übermenschliches Wesen. Sondern ein Werkzeug mit eng begrenztem Nutzwert."
Respektlos.
Wie jede Religion hat auch WAY OF THE FUTURE ein Datum, zu welchem Gott erscheint. Im Jahr 2045 werden die God-Bots, die Gottesboten, die Herrschaft über die Erde übernehmen. God-Bots sind autonome Programme, die ganz im Sinne ihres Herrn KI sämtliche Computer besetzen, um sie mit ganz neuen Instruktionen zum wahren Glauben zu führen. Nach 26 Jahren Vorbereitung ist die technische Intelligenz in globalem Maßstab vereint. Von da an ist der Mensch nicht mehr seinem Schicksal überlassen, sondern wird fürsorglich in eine glorreiche Zukunft geleitet.
Quellen:
http://www.sueddeutsche.de/digital/technologie-im-silicon-valley-will-eine-religion-kuenstliche-intelligenz-anbeten-1.3798363
http://www.zeit.de/digital/internet/2017-11/way-of-the-future-erste-kirche-kuenstliche-intelligenz
http://www.wayofthefuture.church
Lesenswert: https://algorithmenethik.de/2017/11/14/die-sieben-todsuenden-der-prognosen-ueber-die-zukunft-der-ki/